von obolus finanz Team
Einleitung
Das sogenannte Ehegattensplitting ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Einkommensteuerrechts. Es regelt, wie verheiratete Paare oder eingetragene Lebenspartner gemeinsam besteuert werden können. Im Kern bedeutet das Splittingverfahren, dass das gesamte zu versteuernde Einkommen beider Partner addiert, anschließend halbiert und nach dem progressiven Steuertarif berechnet wird. Die Steuer für das halbierte Einkommen wird schließlich verdoppelt. Auf diese Weise wird die Progression „geglättet“ und Haushalte mit unterschiedlich hohen Einkommen werden steuerlich entlastet.
Historischer Hintergrund
Das Ehegattensplitting wurde 1958 eingeführt, nachdem das Bundesverfassungsgericht das damalige System der „Haushaltsbesteuerung“ für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Richter begründeten, dass das Steuerrecht die Ehe als gleichberechtigte Partnerschaft berücksichtigen müsse. Mit dem Splitting wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass verheiratete Paare steuerlich nicht schlechter gestellt werden als Ledige.
Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Splittingverfahren fester Bestandteil des deutschen Steuerrechts, dennoch ist es zunehmend umstritten. Kritiker sehen darin eine Begünstigung traditioneller Rollenbilder, bei denen ein Partner das Haupteinkommen erzielt und der andere nicht oder nur geringfügig arbeitet. Für Zweitverdiener, häufig Frauen, kann das Modell finanzielle Nachteile mit sich bringen und die Erwerbstätigkeit weniger attraktiv machen.
Internationale Vergleiche
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass Deutschland mit dem Splittingverfahren eher eine Ausnahme darstellt.
Deutschland gehört somit zu den wenigen Ländern, die eine gemeinsame Besteuerung mit deutlichen Vorteilen für Paare mit Einkommensunterschieden kennen.
Kritik und Diskussion
Befürworter sehen im Splitting eine wichtige Anerkennung der Ehe und eine Entlastung für Familien. Gegner kritisieren, dass es Haushalte ohne Kinder genauso stark fördert wie Familien mit Kindern. Außerdem verfestige es das Modell „Alleinverdiener + Zuverdiener“ und bremse die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt.
Steuerklassenwahl für Ehepaare
Neben dem Splittingverfahren spielt in Deutschland auch die Wahl der Steuerklassen eine Rolle. Ehepaare können zwischen den Kombinationen IV/IV und III/V wählen:
Kategorie | Anzahl | Einkommen (1.000€) | Erstattung/Nachzahlung (1.000€) |
---|---|---|---|
Gesamt | 1,325,485 | 65,447,515 | -1,277,885 |
Erstattung | 1,136,946 | 57,582,099 | -1,534,302 |
Nachzahlung | 151,589 | 7,391,097 | 256,417 |
Kategorie | Anzahl | Einkommen (1.000€) | Erstattung/Nachzahlung (1.000€) |
---|---|---|---|
Gesamt | 1,907,836 | 146,265,943 | -3,087,989 |
Erstattung | 1,814,166 | 139,723,901 | -3,288,531 |
Nachzahlung | 91,977 | 6,500,493 | 200,542 |
Kategorie | Anzahl | Einkommen (1.000€) | Erstattung/Nachzahlung (1.000€) |
---|---|---|---|
Gesamt | 2,081,542 | 155,871,632 | -628,765 |
Erstattung | 1,129,314 | 86,233,543 | -1,484,473 |
Nachzahlung | 949,452 | 69,559,540 | 855,708 |
Interessant ist hier auch absolute Volumen an Zahlungen, die hier jedes Jahr ausgeführt werden müssen. Bei allen Paaren führt der jährlicher Steuerausgleich zu einem Zahlungsverkehr. Ingesamt erfolgten 5.273.444 Erstattungen oder Nachzahlungen im Volumen von absolut (+/-) 12,6 Mrd. €. Es wurden 4.080.426 Erstattung in einem Wert von 6,307 Mrd. € außerdem 1.193.018 Nachzahlungen in einem Wert von 1,312 Mrd. € Tendenziell waren die höchsten Nachzahlungen in der Steuerklassenkombination III/V erforderlich. Insgesamt werden 5.314.863 Steuerausgleiche erfasst. Demnach war 41.419 gar kein Steuerausgleich notwendig. Das spricht für eine schlechte Trefferquote des Lohnsteuerabzugs vom Lohn von ~0,7 %. Ein Ausgleich und damit der Aufwand für diesen ist also für 99,3% der Ehepaare nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern eben auch schlicht notwendig auf Grund dieser Abweichungen.
Die endgültige Steuerlast wird ohnehin im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung nach dem Splittingverfahren berechnet. Welches Modell sich im Alltag mehr lohnt, hängt vom Verhältnis der Einkommen ab – genau hier bietet sich ein Rechenbeispiel an, um die Unterschiede praktisch zu verdeutlichen. Wir nutzen unseren Brutto-Netto-Rechner, um zwei typische Einkommensverhältnisse eines Ehepaars zu vergleichen:
Einkommen Partner 1: 60.000 € - Partner 2: 20.000 €
Steuerergebnis Steuerklasse 3+5
Vorauszahlung Steuerlast: 7333 €. Steuerschuld bei Ausgleich: 9036 €. Nachzahlung von 1703 € ist zu erwarten. (Normalerweise wird ab einer Nachzahlung von 400 € vom Finanzamt eine Vorauszahlung für den nächsten Steuerausgleich festgelegt.)
Steuerergebnis Steuerklasse 4+4 Faktor 1
Vorauszahlung Steuerlast: 9997 €. Steuerschuld bei Ausgleich: 9036 €. Eine Steuervergütung von 961 € ist zu erwarten.
Wenn wir uns nun das Faktorfeld in der App anschauen, sehen wir einen errechneten Wert:
Hier können wir den Wert auslesen, mit dem wir einen an die zu erwartende Steuerschuld angepassten Lohnabzug bewirken können.
Das Ergebnis sieht dann wie folgt aus:
Vorauszahlung Steuerlast: 9037 €. Steuerschuld beim Ausgleich: 9036 €. Eine Steuervergütung von 1 € ist zu erwarten.
Den errechneten Faktor können Sie so bei Ihrem Finanzamt hinterlegen lassen und so eine passendere Anpassung bewirken.
Fazit
Festzuhalten bleibt, dass das Ehegattensplitting mit Steuerklasse 3/5 für bestimmte Familienkonstellationen eine gewisse Entlastung bringt. Oft ist diese Entlastung aber nur über das Jahr im Lohnabzug erfreulich, beim Steuerausgleich zeigen sich dann aber oft unschöne Nachzahlungen und daraus resultierende Vorauszahlungen. Die vorgeschlagene Lösung, die Steuerklasse 4/4 mit Faktor, ist eine Lösung, allerdings ist die Festlegung auf einen statischen Faktor erst einmal kompliziert und intransparent. Danach ist es aber eine sichere Lösung, da sich die Steuervorauszahlung der Steuerschuld anpasst. Allerdings kommt es zu Problemen, wenn sich das Einkommensverhältnis zwischen den Ehepartnern ändert. Dann müssen die Anpassungen des Faktors regelmäßig vorgenommen werden.
Gerade bei Ehepartnern mit kleinen Kindern und daraus resultierender Kinderbetreuung ist dies allerdings regelmäßig zu erwarten.